Die symptomatische Schlussunfähigkeit der Mitralklappe (Mitralinsuffizienz) ist nach der Aortenklappenverengung oder -undichtigkeit der zweithäufigste Klappenfehler, der bis vor einigen Jahren nur durch eine Herzoperation revidiert werden konnte. Die bisher vorhandenen katheterbasierten Techniken zur Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz bei Risikopatienten können die komplexe operative Versorgung nur teilweise realisieren. Hier wird indirekt versucht, den Mitralklappenring zu raffen und damit die Undichtigkeit der Klappe zu beseitigen bzw. zu verringern (indirekte Anuloplastie). Lediglich die kathetergestützte Mitralklappenrekonstruktion mit dem MitraClip-System (CE-Zulassung 2008) befindet sich derzeit in einer erfolgreichen breiten klinischen Anwendung.Ca. 12.000 Patienten wurden weltweit mit dem MitraClip-System (Fa. Abbott) versorgt. Grundprinzip der Therapie ist in Anlehnung an die operative Alfieri-Nahttechnik eine Verbindung des vorderen und hinteren Segels in dem Bereich, wo sich der Hauptundichtigkeitsjet befindet. Es entstehen somit zwei Öffnungen der Mitralklappe. Neben einer besseren Schlussfähigkeit der beiden Öffnungen kommt es auch zu einer Veränderung bzw. Verkleinerung des Mitralklappenringes. Ob ein Patient für die kathetergestützte Mitralklappenrekonstruktion mit MitraClip® geeignet ist, muss mittels eines transösophagealen Ultraschall-bzw. Echokardiografie (TEE /Schluckecho, Darstellung des Herzens von der Speiseröhre) abgeklärt werden. Hier kommt die standardmäßige Darstellung der Mitralklappe in 3D zum Einsatz.
Durchführung der kathetergestützten Mitralklappenrekonstruktion
Der Zugangsweg ist die rechte Beinvene unterhalb des Leistenbandes. Zunächst muss die Vorhofscheidewand mittels einer Nadel passiert werden (transspetale Punktion). Hierüber wird ein Führungskatheter vom rechten in den linken Vorhof platziert. Über diesen großlumigen Führungskatheter kann dann der in alle Richtungen des Raumes steuerbare 15 mm lange und 5 mm breite Cobalt-Chrom-Clip mit Polyestherbeschichtung bis vor die Mitralklappe positioniert und ausgerichtet werden. Die Prozedur erfolgt unter Vollnarkose, da es wichtig ist, dass der Patient absolut ruhig liegt und sich nicht bewegt. Unverzichtbar für die transseptale Punktion - die Clipschleuse darf nur das Vorhofseptum zwischen einer minimalen und maximalen Höhe zum Mitralklappenring passieren - ist die Prozedurbegleitung mittels Transösophagealer Echokardiographie (TEE) von der Speiseröhre aus.
Im Klinikum Karlsburg erfolgt die Prozedursteuerung mittels TEE durch die Kollegen der Anästhesie mit entsprechend hoher Expertise. Wenn man die Hauptdurchtrittsstelle der Undichtigkeit der Mitralklappe lokalisiert, wird der Clip vom linken Vorhof in das linke Herz vorgeschoben. Beim Zurückziehen des Katheters wird jetzt versucht, an der entsprechenden Stelle das vordere und hintere Segel einzufangen. Die Cliparme werden geschlossen. Im optimalen Fall sieht man bereits im Farbdoppler des TEE eine deutliche Reduzierung oder Aufhebung der Undichtigkeit. Ist der Clip fest mit dem vorderen und hinteren Segel verbunden und zeigt sich nach Erhöhung des Blutdruckes auch weiterhin keine relevante Undichtigkeit der Klappe - eine Verengung der Mitralklappe wird durch Frequenzanhebung kontrolliert und ausgeschlossen - kann der Clip vom System gelöst werden. Wurde die Undichtigkeit nicht beseitigt und es verbleibt ein relevanter Restjet, wird ein zweiter Clip implantiert. Auf eine mögliche resultierende Mitralklappenverengung muss jedoch geachtet werden.
Der Verschluss der Punktionsstelle erfolgt mit einem kleinen Faden, der nach etwa 4 Tagen gezogen werden kann (Z-Naht bzw. Raffungsnaht). Die Ausleitung der Narkose erfolgt noch im Herzkatheterlabor. Nach kurzer Beobachtungszeit im Aufwachraum wird der Patient wieder auf die Station verlegt. Nach 24 Stunden kann der Patient in der Regel wieder aufstehen und sich mobilisieren. Etwa 3 bis 5 Tage nach der MitraClip-Prozedur erfolgt gewöhnlich die Entlassung in die Häuslichkeit.
Von 2011 bis 2014 wurden rund 100 Patienten behandelt
Seit 2011 erfolgt die kathetergestützte Mitralklappenrekonstruktion mittels MitraClip-System im Klinikum Karlsburg. Knapp 100 Patienten erhielten bisher diese innovative patientenschonende Therapie. Trotz selektionierten Patientenkollektivs (hohes Lebensalter, erhebliche Co-Morbiditäten, voroperierte Patienten, Patienten mit deutlich eingeschränkter Pumpfunktion) war und ist die Komplikationsrate sehr gering. Die Prozedur konnte bei 97 Prozent der Patienten erfolgreich durchgeführt werden. Der Erfolg der MitraClip-Therapie zeigt sich nicht nur in der Echokardiographie, wobei eine leicht- bis mittelgradige Restinsuffizienz der Klappe keine klinische Relevanz hat. Wichtiger ist die deutliche Reduzierung der Symptome der Mitralklappeninsuffizienz, was etztendlich auch zu einer verringerten Hospitalisierungsrate nach MitraClip-Therapie führt. Verlaufskontrollen nach 1, 6 und 12 Monaten (Echokardiographie, Laborabnahme sowie Spiroergometer, falls durchführbar) erfolgen entweder in den regionalen kardiologischen bzw. internistischen Praxen oder aber in unserer Einrichtung.
Zum Ausschluss von späten Mitralklappenverengungen sollten die Patienten noch ein bis zwei Jahre echokardiographisch nachverfolgt werden.
Therapeutischer Ausblick
Die kathetergestützte Rekonstruktion der Mitralklappe wird sich perspektivisch nicht nur auf das MitraClip-System beschränken. In naher Zukunft sind weitere innovative Produkte für den klinischen Einsatz zu erwarten, wie z.B. das Cardioband-Anuloplastie-System mit gleichem Zugangsweg wie beim MitraClip-Katheter oder die Implantation von Mitralklappen über einen transseptalen Zugang, sollte eine Klappenrekonstruktion nicht möglich sein.