Mitralklappen minimalinvasiv repariert
„Die Mitralklappe ist für mich ein dreidimensionales Kunstwerk und die Diva unter den vier Herzklappen des menschlichen Herzens“, sagt PD Dr. med. Alexander Kaminski, Chefarzt der Herzklinik im Klinikum Karlsburg. Mit jedem Herzschlag gewährleistet sie, dass das sauerstoffreiche Blut aus dem linken Vorhof in die linke Herzkammer und in den Körperkreislauf gedrückt wird und nicht zurückfließen kann. Ein naturgegebenes, perfektes System aus einem Ring, zwei Segeln und filigranen Sehnenfäden macht es möglich. Doch die „Schöne“ ist manchmal auch „zickig“, wie Dr. Kaminski sagt. Trotz aller Perfektion stellt die Undichtigkeit dieser Klappe die zweithäufigste Herzklappenerkrankung dar. Die Mitralklappeninsuffizienz schränkt die Pumpfunktion des Herzens ein. Die Ursachen sind sehr unterschiedlich, so der Spezialist. Sie reichen von angeborenen Herzfehlern bis hin zu den Folgen von anderen Herzerkrankungen. Die betroffenen Patienten leiden unter Herzrhythmusstörungen und Atemnot. Entsprechend des Schweregrades der Insuffizienz und ihrer Ursachen gibt es verschiedenste Behandlungsmöglichkeiten. „Im Klinikum Karlsburg können wir Patienten mit Mitralklappeninsuffizienz ein großes Spektrum modernster Therapien anbieten, den ganzen medizinischen Werkzeugkoffer“, unterstreicht Chefarzt Dr. Kaminski.
Anfang 2020 hat er die minimalinvasive Mitralklappen-Chirurgie im Klinikum Karlsburg etabliert, ein für die Patienten sehr schonendes Verfahren zur Rekonstruktion der Mitralklappe. Dr. Kaminski nutzt dabei das sogenannte Schlüsselloch-Verfahren und kann mit Hilfe der Videoendoskopie beispielsweise abgerissene Sehnenfäden durch Goretex-Fäden ersetzen und diese zur Befestigung an den Papillarmuskeln nutzen. Das bei einer konservativen Operation notwendige großflächige Öffnen des Brustkorbes entfällt. Es genügt ein kleiner Schnitt rechts oberhalb des Herzens. Nicht verzichten lässt sich auf die Herz-Lungen-Maschine, die auch bei diesem Operationsverfahren die Ruhigstellung des leistungsfähigen Hohlmuskels garantiert. Vor allem Patienten, die keine weiteren Erkrankungen des Herzens besitzen, profitieren von diesem Verfahren. „Nach der Klappenrekonstruktion verspürt diese Patientengruppe keine Einschränkungen mehr und besitzt eine normale Lebenserwartung. Für Herzchirurgen ist das eine dankbare Aufgabe“, meint Dr. Kaminski. Im Oktober 2021 hat der Chefarzt der Herzklinik für sein Team einen weiteren und sehr erfahrenen Mitralklappen-Chirurgen gewinnen können. Dr. med. Frank Rose war bis vor kurzem in Karlsruhe leidenschaftlicher Herzchirurg, der ca. 3000 Patienten minimalinvasiv behandelt hat. Der Mediziner, der ursprünglich aus Greifswald stammt, verstärkt das Herzteam im Klinikum Karlsburg.
Aortenklappenstents seit 2009 in Karlsburg
Die Implantation von Aortenklappenstents wird im Klinikum Karlsburg seit dem Jahr 2009 praktiziert. Mittlerweile handelt es sich hierbei um ein etabliertes Therapieverfahren. Im Jahr 2002 wurde von Prof. Dr. Alain Cribier in Rouen (Frankreich) der erste Aortenklappenstent bei einem Patienten eingesetzt. Seit Einführung des Verfahrens im Klinikum Karlsburg steigt die Zahl der versorgten Patienten kontinuierlich an. Derzeit erhalten fast 300 Patienten jedes Jahr einen Aortenklappenstent. Damit gehört das Klinikum Karlsburg deutschlandweit zu den erfahrensten Zentren, wodurch hochbetagten und schwer kranken Patienten eine Behandlungsoption eröffnet wird, die ihnen vor einigen Jahren noch nicht zur Verfügung stand. In Deutschland zählt die Klinik damit zu den Vorreitern dieses innovativen Verfahrens. Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und der Gesellschaft für Kardiochirurgie, sowie den europäischen Leitlinien werden die Patienten für dieses Verfahren ausgewählt. Ein Team aus Kardiologen und Herzchirurgen (Heartteam) entscheidet in enger Abstimmung mit der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, welche Therapie für den Patienten die optimale Behandlungsmethode darstellt. Dabei wird entschieden, ob ein konventionell-offen-chirurgischer Klappenersatz oder eine minimal-invasive Aortenklappenstentimplantation zum Einsatz kommt. Wichtige Kriterien sind dabei das Patientenalter, Vorerkrankungen und bereits erfolgte Operationen am Brustkorb (Bypass-OP, Klappenersatz, Aorten-Operationen etc.). Auch der Allgemeinzustand spielt eine bedeutende Rolle. Die abschließende Entscheidung orientiert sich also ausschließlich an medizinischen Aspekten. Mittlerweile werden ca. 95% aller minimalinvasiven Aortenklappenstentimplantationen transvaskulär durchgeführt (via Leisten- oder Axillar- Arterie). Nur noch in seltenen Ausnahmefällen werden Stentklappen über die Herzspitze eingesetzt. Das erfolgt immer dann, wenn die Gefäße dafür nicht geeignet sind, z.B. bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVk). Im Klinikum Karlsburg werden alle Eingriffe entsprechend den Leitlinien im hochmodernen Hybrid-OP vorgenommen, so dass für die Patienten ein optimales Umfeld vorgehalten werden kann. Aktuell werden die zwei weltweit am häufigsten implantierten Aortenklappenstents mit den besten Studienergebnissen verwendet. Dies ist die ballonexpandierende Aortenklappe SAPIEN 3 der Firma EDWARDS sowie die selbstexpandierende Aortenklappe COREVALVE EVOLUT R der Firma MEDTRONIK. Beide Klappen ermöglichen sehr gute Implantationsergebnisse. Darüber hinaus wird zunehmend auch die Behandlung degenerierter Bio-Aortenklappen mittels TAVI-Prozedur erfolgreich praktiziert. Dabei wird ein Aortenklappenstent in die funktionseingeschränkte BIO-Aortenklappe eingesetzt. Auch dies erfolgt hauptsächlich über die Leistenarterie. Damit kann dem Patienten eine komplikationsträchtige RE – OP erspart werden. Ob dieses Verfahren im konkreten Fall durchgeführt werden kann, entscheidet ebenfalls das Heartteam. Im Klinikum Karlsburg wurden bisher fast 100 dieser Implantationen erfolgreich durchgeführt. Zukünftig werden wir sicher auch noch andere Herzklappensysteme einsetzen. Zur Zeit sind interessante Weiterentwicklungen auch für andere erkrankte Herzklappen in der Pipeline der Hersteller.
Zuerst wird im Heartteam entschieden, ob eine konventionelle Herzoperation oder ein interventionelles Vorgehen sinnvoll ist. Hat man sich für das interventionelle Verfahren entschieden, wird festgelegt, ob man über die Leiste oder die Herzspitze den Herzklappenstent einführt. Bei Verkalkungen in den Gefäßen wird meist das Vorgehen über die Herzspitze bevorzugt.
Ansprechpartner sind Herr OA Dr. Ronald Bittner (Tel.038355/701283) von der kardiologischen Klinik und Herr PD Dr. med. Alexander Kaminski (Tel.: 038355/701330) von der herzchirurgischen Klinik.
Implantation von Aortenklappenstents in Karlsburg
TAVI-Eingriffe entsprechend des Lebensalters
Die Art der Intervention (chirurgisch-interventionell) wurde bei 1.170 Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose, die im Zeitraum 2019-2021 im Klinikum Karlsburg behandelt wurden, analysiert. Es zeigt sich ein starker Anstieg der Transkatheter-Eingriffe (TAVI) ab einem Alter von 75 Jahren. Das Lebensalter der Patienten ist das entscheidende Kriterium bei der Auswahl des Verfahrens, bei jüngeren Patienten das Operationsrisiko auf Grund von Vorerkrankungen.